Das Great Glen in den schottischen Highlands (Gälisch gleann mòr) wird teilweise auch Glen Albyn genannt, was so viel bedeutet wie „Das Tal Schottlands“. In einer nahezu geraden Linie von knapp 100km Länge zieht sich das große Tal quer durch die Highlands, von Inverness an der Nordseeküste bis nach Fort William am Loch Linnhe, der in den Atlantik mündet. Es ist eine geologische Verwerfung, in der sich einige Lochs aneinanderreihen, verbunden durch Flüsse.
Die historische Bedeutung des Tals bezieht sich besonders auf die Zeit der Jakobiten Aufstände des 17. und 18. Jahrhunderts, da entlang des Tals schnell die Highlands durchquert werden konnten. Der militärische Zweck zeichnet sich noch heute an Ortsnamen wie Fort William, Fort Augustus und Fort George entlang des Tals ab.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Tal durch den Bau des Kaledonischen Kanals komplett schiffbar gemacht, um den Handel anzukurbeln; heutzutage ist das Great Glen ein beliebter Urlaubsort, an dem Wanderer, Radfahrer, Segler, Ruderer, Angler und weitere ihrer Leidenschaft nachgehen können.
Der unangefochtene König der Fernwanderwege in Schottland ist natürlich der berüchtigte West Highland Way und das auch zu Recht. Was aber, wenn der West Highland Way ausgebucht ist? Oder wenn man diesen Weg schon kennt und eine neue Erfahrung in Schottland sucht? Ich war bereits auf beiden Wegen wandern und werde mir Mühe geben, den Great Glen Way hier als lohnenswerte Alternative zum West Highland Way zu empfehlen und besonders dessen Eigenheiten hervorzuheben.
Natur vs. Kultur
Beide Wege verlaufen natürlich durch die Highlands. Aber Highlands ist nicht gleich Highlands! Der West Highland Way verlässt sehr schnell die Zivilisation der Vororte von Glasgow und führt in Regionen wie dem Loch Lomond & Trossachs Nationalpark, dem Rannoch Moor, dem Glen Coe und dem Lairigmor zu einem großen Teil durch komplett unbewohnte Landschaft, fernab von Anzeichen menschlicher Zivilisation. Der Great Glen Way dagegen folgt einer Route, die schon seit Jahrhunderten eine wichtige Verkehrsstraße ist, fast durchgängig entlang des Kaledonischen Kanals, der vielen Lochs, und führt durch einige Ortschaften hindurch. Hier ist man die meiste Zeit des Weges in Kontakt mit den Menschen, und damit der Kultur und der Geschichte dieser Region. Wer also eine gute Mischung zwischen Natur und kulturellen Highlights sucht, und besonders auch die schottische Lebensart erfahren möchte, der ist mit dem Great Glen Way vielleicht besser beraten, als mit dem West Highland Way.
Die Abwechslung
Beide Reisen gestalten sich durchaus abwechslungsreich; entlang von Seeufern, auf alten Militärstraßen, auf Waldwegen und Schotterpfaden bis hin zu modern angelegten Fußwegen, ist alles mit dabei. Auch der Great Glen Way kann mit viel Abwechslung punkten: Der Weg beginnt und endet mit dem Kaledonischen Kanal, auf flachen und breit angelegten Wegen, während unterwegs Wald- und Forstwege entlang der vielen Seen zu teils atemberaubenden Ausblicken führen. Auch der Schwierigkeitsgrad des Great Glen Way ist damit sehr gut gestaltet: Während die ersten paar Tage noch gemütlich beginnen und sich zum „warm wandern“ eignen, warten unterwegs dann teilweise die „High Routes“ als herausfordernde, aber auch belohnende Alternative.
Die Sehenswürdigkeiten
Ein Unterschied zum West Highland Way, der mir unterwegs besonders auffiel, sind die Sehenswürdigkeiten entlang des Weges. Vielleicht geht es dir wie mir und du verbindest gerne eine aktive Wanderreise mit der Besichtigung eindrücklicher Baudenkmäler; auf dem West Highland Way ist das sehr rar. Diese Region war in der Vergangenheit wenig besiedelt und hatte keine strategische Bedeutung, sodass kaum Burgen, Schlösser oder überhaupt größere Ortschaften entstanden sind. Im Great Glen wanderst du durch historische Clan-Lands, vorbei an den angestammten Sitzen dieser vormals mächtigen Clans. Einige Burgruinen und Schlösser, die entlang des Weges besichtigt werden können, zeugen davon: Die Ruinen von Inverlochy, Achnacarry, Invergarry und das herausragende Urquhart Castle spicken die Wanderung mit historischen Highlights! Auch in Inverness, der „Hauptstadt der Highlands“, warten nach geschaffter Wanderung einige spannende Sehenswürdigkeiten, wie das Schlachtfeld von Culloden und die rätselhaften Clava Cairns. Hier lohnt es sich, noch ein paar Tage anzuhängen, bevor du Schottland wieder verlässt.
Fazit
Wie eingangs erwähnt ist der West Highland Way natürlich völlig zu Recht der absolute Klassiker unter den Fernwanderwegen in Schottland und das möchte ich überhaupt nicht relativieren. Doch sollte der Great Glen Way nicht unterschätzt werden! Viel mehr als nur die Ausweichmöglichkeit des West Highland Way wartet der Great Glen Way mit allerlei Highlights auf. Wunderschöne, landestypische Unterkünfte mit willkommen heißenden Gastgebern runden die Erfahrung ab und bescheren ein Wanderabenteuer, das dir lange im Gedächtnis bleiben wird.
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