Im Mai 2022 haben mein Mann und ich eine Reise angetreten, die uns für immer verändern sollte – den Camino Frances, den berühmtesten Abschnitt des Jakobswegs. Die rund 800 Kilometer von St. Jean Pied de Port in Frankreich bis nach Santiago de Compostela in Spanien waren nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern vor allem eine tief emotionale und spirituelle Reise, die uns auf so vielen Ebenen berührt hat.
Der Anfang: St. Jean Pied de Port und die Pyrenäen
Schon die Ankunft in St. Jean Pied de Port war voller Vorfreude und Aufregung. Die kleine Stadt am Fuße der Pyrenäen mit ihren Kopfsteinpflasterstraßen und alten Steinhäusern war lebendig – überall Pilger:innen, die sich wie wir auf den Weg machten, jede:r mit seinem eigenen Ziel und seiner oder ihrer eigenen Geschichte. Der Morgen, an dem wir aufbrachen, war kühl und still und es lag noch ein leichter Nebel über den Feldern. Wir waren voller Spannung, aber auch etwas nervös – 800 Kilometer zu Fuß erschienen so unvorstellbar weit.
Die erste Etappe führte uns direkt über die Pyrenäen, und sie war ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte. Der Aufstieg war steil, der Wind rau, und doch war es eine der schönsten Erfahrungen. Über den Gipfeln zu stehen, den Blick über die endlosen Weiten der Landschaft zu werfen, ließ uns spüren, wie klein wir eigentlich sind – und wie bedeutend diese Reise für uns werden sollte.
Begegnungen auf dem Weg: Gemeinschaft und herzliche Gespräche
Was den Camino für uns unvergesslich machte, waren die Menschen. Zwar haben wir meist in kleinen Pensionen übernachtet – eine Entscheidung, die uns etwas mehr Komfort gönnte – doch die Begegnungen auf dem Weg und in den Restaurants, wo wir die Abende verbrachten, waren von tiefer Bedeutung. Ob es das zufällige Gespräch mit einem Mitpilger war, der in seinem Leben einen Neuanfang suchte, oder die kleinen Gesten der Freundlichkeit, die man unterwegs erfährt – diese Momente haben uns oft tief berührt.
Es gab Tage, an denen wir uns mit Pilger:innen zusammentaten und gemeinsam gingen, und Tage, an denen wir die Einsamkeit suchten. Die Vielfalt der Begegnungen, von Menschen aus allen Ecken der Welt, schuf eine besondere Atmosphäre – es war, als würden wir alle gemeinsam einem Ziel entgegenlaufen, auch wenn jede:r für sich einen anderen Grund hatte.
Unsere Ruhetage: Erholung und neue Eindrücke in Pamplona und Burgos
Der Camino Frances ist nicht nur eine physische Herausforderung – es ist auch eine emotionale Reise, die viel Kraft erfordert. Deshalb gönnten wir uns an besonders schönen Orten Pausen. In Pamplona, einer Stadt voller Geschichte und Kultur, genossen wir eine wohlverdiente Auszeit. Wir ließen uns treiben, erkundeten die engen Gassen und saßen in kleinen Cafés, während das Leben um uns herum pulsierte. Es war eine Erholung für Körper und Seele.
Auch in Burgos legten wir einen Ruhetag ein. Die prächtige gotische Kathedrale, die über die Stadt wacht, zog uns magisch an. Hier spürten wir erneut, wie Geschichte und Glaube auf dem Camino miteinander verwoben sind. Die Stadt bot uns nicht nur die Gelegenheit, die Füße auszuruhen, sondern auch, tief durchzuatmen und die Eindrücke des bisherigen Weges zu verarbeiten.
Die Magie des einfachen Lebens
Eine der schönsten Seiten des Caminos war für uns die Rückkehr zur Einfachheit. Jeden Tag packten wir unseren Rucksack, schnürten unsere Wanderschuhe und ließen uns vom Rhythmus des Gehens tragen. Es war erstaunlich, wie befreiend es war, nur das Nötigste bei sich zu haben – ein paar Kleidungsstücke, etwas Proviant, und das Wissen, dass der Weg uns weiterbringen würde.
Diese Einfachheit hat uns dazu gebracht, die kleinen Dinge mehr zu schätzen – den Geschmack eines einfachen, frisch gebackenen Brotes, das Lächeln einer fremden Person oder die Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg durch die Wolken bahnten, nachdem es geregnet hatte.
Die unglaubliche Vielfalt Spaniens
Der Camino Frances führte uns durch eine beeindruckende Vielfalt von Landschaften, jede auf ihre Weise einzigartig. Nach den üppigen grünen Hügeln der Pyrenäen gelangten wir in die weitläufige Meseta, die sich endlos vor uns erstreckte. Viele Pilger:innen empfanden diesen Abschnitt als eintönig, aber wir fanden darin eine unerwartete Ruhe. Die Weite dieser Landschaft, das sanfte Rauschen des Windes über die Felder, es war fast meditativ.
Dann kam Galicien, eine Welt für sich. Hier wandelte sich die Landschaft, und wir fanden uns in einer fast mystischen Umgebung wieder – grüne Wälder, nebelverhangene Hügel und kleine Dörfer, die aussahen, als wären sie aus einer anderen Zeit. Besonders die frühen Morgenstunden, wenn die ersten Sonnenstrahlen durch den Nebel drangen, fühlten sich fast surreal an.
Das emotionale Ziel: Santiago de Compostela
Der Moment, als wir schließlich in Santiago de Compostela ankamen, wird uns immer in Erinnerung bleiben. Die letzten Schritte zur Kathedrale waren schwer vorstellbar, und doch waren sie von einer überwältigenden Freude begleitet. Nach so vielen Kilometern zu Fuß, nach so vielen Gedanken, Tränen, Gesprächen und Erlebnissen stand sie nun vor uns – die majestätische Kathedrale, unser Ziel.
Es ist schwer, die Emotionen in Worte zu fassen, die uns in diesem Augenblick überkamen. Da waren Stolz, Dankbarkeit, Erleichterung – aber auch ein bisschen Wehmut, dass dieses Abenteuer nun zu Ende ging.
Die Verlängerung des Abenteuers: Zwei Tage in Santiago und ein Ausflug nach Finisterre
Nach der emotionalen Ankunft in Santiago entschieden wir uns, noch zwei zusätzliche Nächte in dieser wunderschönen Stadt zu bleiben. Wir wollten die letzten Tage unserer Reise bewusst langsam angehen und die Atmosphäre von Santiago in Ruhe genießen. Die Altstadt, die lebhaften Plätze und die kleinen Restaurants waren der perfekte Ort, um all die Eindrücke unserer Pilgerreise sacken zu lassen.
Ein besonderes Highlight war unser Ausflug nach Finisterre, dem „Ende der Welt“. Der Ort hat seit jeher eine mystische Bedeutung – früher glaubte man, hier würde die Welt enden. Als wir am Leuchtturm standen und den Blick über das endlose Meer schweifen ließen, spürten wir die tiefe Symbolik dieses Ortes. Es war, als hätten wir das ultimative Ende unseres Weges erreicht. Die raue, wilde Küste und die kraftvollen Wellen vermittelten ein Gefühl von Freiheit und Abschied zugleich. Hier verabschiedeten wir uns symbolisch von der Reise, aber auch von dem, was wir auf dem Weg hinter uns gelassen hatten.
Dieser letzte Ausflug rundete unser Camino-Abenteuer auf perfekte Weise ab. Es fühlte sich an, als hätten wir nicht nur Santiago erreicht, sondern auch den Moment, an dem wir wirklich loslassen konnten – eine innere Ruhe, die uns nach Hause begleitete.
Fazit: Eine Reise, die uns für immer prägen wird
Der Camino Frances war für uns nicht nur eine Wanderung, sondern eine Reise zu uns selbst. Die Menschen, die Landschaften, die Stille und die Gespräche – all das hat uns tief berührt. Wir haben gelernt, dass es im Leben oft um den Weg geht, nicht nur um das Ziel. Diese Erfahrung hat uns gelehrt, die Schönheit im Einfachen zu finden, die Gemeinschaft zu schätzen und den Moment zu leben.
Wenn du jemals darüber nachdenkst, den Camino zu gehen, dann zögere nicht! Es wird eine Reise sein, die dich auf unerwartete Weise bereichern wird – und du wirst vielleicht, genau wie wir, mit einem Herzen voller Erinnerungen und einem neuen Blick auf das Leben zurückkehren. Wenn du Fragen hast, melde dich einfach bei unserem Expertenteam, sie helfen dir gerne!
Buen Camino!